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Evangelische Kirche

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Evangelische Kirche

2011

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts fasste die lutherische Lehre auch in Wipperfürth Fuß; sogar Angehörige des Klerus gehörten zu den Sympathisanten. Als 1609 das Klevische Herrscherhaus ausstarb, erhoben verschiedene Fürsten Anspruch auf die Herrschaft über Jülich, Kleve, Berg, Mark und Ravensberg; der Pfalzgraf von Neuburg und der Kurfürst von Brandenburg, beide Lutheraner, vereinbarten, die Länder gemeinsam zu verwalten, und sicherten den Landständen die ungehinderte Religionsausübung für beide protestantische Konfessionen sowie für die Katholiken zu. Darauf bemühten sich die Wortführer der Wipperfürther Lutheraner, die dem Rat der Stadt angehörten, um die Gründung einer eigenen Gemeinde und beantragten, ihnen die kaum genutzte Petruskapelle am Markt (siehe „Hanse-Cafe“) als Kirche zu überlassen. Hierüber kam es zu heftigen Streitigkeiten. Schließlich wurde eine Kompromisslösung gefunden: 1610 erhielten die Wipperfürther Protestanten die Erlaubnis, ihren Gottesdienst in der Ratsstube abzuhalten.

1614 entzweiten sich die Fürsten und wechselten die Konfession, um Bündnispartner zu gewinnen: Der Pfalzgraf von Neuburg wurde katholisch und sicherte sich so die Unterstützung der Spanier, deren Truppen wegen des Konflikts mit den niederländischen Generalstaten am Niederrhein präsent waren; der Kurfürst von Brandenburg schloss sich dem reformierten Bekenntnis an und verbündete sich mit den Niederländern. Das Ende der lutherischen Gemeinde kam, als 1621 der langjährige Waffenstillstand zwischen den Spaniern und den Niederländern nicht verlängert wurde und die Spanier 1622 Jülich eroberten sowie bei Bonn die holländischen Truppen schlugen. Sie trieben diese das Agger- und Sülztal hinauf, und wohin sie kamen, verjagten sie den lutherischen Geistlichen und schafften die freie Religionsausübung ab. So geschah es auch in Wipperfürth, wo spanische Soldaten seit 1614 alljährlich im Winterquartier lagen. Dass es in diesem Zusammenhang zu einer blutigen Verfolgung der Protestanten gekommen sei (Legende von der „Bluthochzeit“) darf als widerlegt gelten; immerhin hatte Wipperfürth 1623 einen evangelischen Bürgermeister.

Die Protestanten im östlichen Teil des bisherigen Kirchspiels hielten sich in der Folgezeit an die Kirche im märkischen Rönsahl. Als das dortige Gotteshaus 1767 durch einen Brand zerstört wurde und die bergischen Lutheraner sich nicht mit freiwilligen Beiträgen, sondern über eine festgelegte Umlage an den Wiederaufbaukosten beteiligen sollten, beantragten diese 1768 beim Landesherrn die Erlaubnis zur Gründung einer eigenen Gemeinde mit Niederklüppelberg als Gemeindezentrum. Der Wipperfürther Magistrat sprach sich dagegen aus wirtschaftlichen Gründen für eine lutherische Kirche in der Stadt aus. In diesem Sinne fiel 1788 die Entscheidung der Regierung. Am 18.12.1788 wurden im Haus des Kaufmanns Reinshagen (siehe „Karl-Josef-Haus“) das erste Konsistorium der neuen Gemeinde und die Baudeputierten gewählt. 1791 begannen die Bauarbeiten, 1793 erfolgte die Weihe des neuen Gotteshauses. Die Saalkirche stand an der Ostseite des Marktplatzes und war „genordet“, weil man so die Stadtmauer als Fundament für die östliche Langhauswand nutzen konnte; sie umfasste das Grundstück der heutigen evangelischen Kirche und die Hälfte des südlich angrenzenden. Im Süden hatte sie einen Glockenturm. Als das Gotteshaus im September 1795 einem verheerenden Stadtbrand zum Opfer fiel, hatte man den Wetterhahn noch nicht auf den Turm gesetzt; im Pfarrhaus neben der Kirche „überlebte“ er die Katastrophe.

Zwei Jahre später wurde das Gemeindezentrum nach Niederklüppelberg verlegt; nach verschiedenen Provisorien entstand 1837 in Klaswipper ein würdiges Gotteshaus. Auf der Brandstätte am Marktplatz erbaute man ein staatliches Salzmagazin. Erst 1875 begann man hier wieder mit dem Bau einer protestantischen Kirche, die am 6. Juni 1877 eingeweiht wurde, bis zum 1. Juli 1891 aber Filialkirche von Klaswipper blieb. Seitdem hat Wipperfürth zwei evangelische Gemeinden.

Wetterhahn 1791
um 1910
um 1910
um 1910

Quelle: Heimat- und Geschichtsverein Wipperfürth, Erich Kahl


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